Ist Kleidung zu mieten statt zu kaufen wirklich DIE Lösung, Mode nach Herzenslust zu konsumieren und trotzdem nachhaltig zu handeln? Diskutier mit!
Sharing is caring! Dieses Motto hält auch in der Modewelt in Form von Mietkleidung gerade den Einzug. Regelmäßig ploppen neue Startups rund um dieses Konzept in meinen Feeds auf.
Besonders nachhaltig soll es ja sein. Und ressourcenschonend. Die Gegenbewegung zur Wegwerfmentalität von Fast Fashion.
Zugegebenermaßen war ich anfangs euphorisch, als ich die ersten Leihplattformen entdeckte. Schließlich habe ich mir vorgenommen im Schwerpunkt nach den Prinzipien von Slow Fashion zu konsumieren.
Doch nichts ist immer nur schwarz-weiß. Jedes Konzept hat seine Vor- und Nachteile und nicht immer ist Leihen automatisch nachhaltiger als kaufen.
Hier also eine kleine Übersicht zu den unterschiedlichen Konzepten zum Kleider ausleihen – und mein Senf dazu.
Mietprinzip „Basics ergänzen“
Spaß an Mode haben und trotzdem immer neu Outfits tragen können – das soll auf nachhaltige Weise durch Mietservices möglich sein.
Das Prinzip dabei ist einfach: Du besitzt vor allem Basics und mietest dir ausgefallene Trendteile einfach für kurze Zeit nach Lust und Laune dazu. Danach bekommt diese Trendteile jemand anderes.
Bei Unown Fashion und Modami kannst du Einzelstücke leihen oder dir eine Abo-Box gönnen. Zu mieten gibt es die verschiedensten Marken, Neu- und Secondhand Ware. Mindestmietdauer beträgt 14 Tage bzw. ein Monat. Bei Unown besteht die Möglichkeit die geleasten Teile auch zu kaufen.
Der Verleihservice Fairnica geht sogar noch einen Schritt weiter: Hier mietest du für einen Monat abgestimmte Kleidungspakete, die in Kombination mit deinen Basics bis zu 30 verschiedene Outfits ergeben.
Das hört sich alles erst mal sinnvoll und stimmig an. Ein paar Fragen stellen sich mir dann aber doch…
Woher kommt die Kleidung für diese Mietplattformen zum Beispiel? Sind das Restbestände oder werden sie vielleicht extra produziert? Böse Zungen könnten unterstellen, dass durch diese neue „Verwertungsmöglichkeit“ bewusst Überproduktionen in Kauf genommen werden. Es winken schließlich günstigere Produktionspreise und höhere Margen.
Außerdem stelle ich mir die Frage, wie oft ein Kleidungsstück durchschnittlich vermietet wird, bevor es aussortiert wird. Schließlich leiht keiner durchgenudelte Klamotten, geschweige denn kaufen. Wird die Kleidung dabei überhaupt öfter getragen als ein gekauftes Teil?
Einzelteile leihen erscheint mir mit rund 15 Euro pro Alltagsteil (für 2 Wochen/ 1 Monat) recht hochpreisig. Zumal viele der Stücke gar nicht soo ausgefallen oder trendig sind. Wenn ich bedenke, dass ich nur 1x die Woche Feinwäsche wasche, dann würde ich so ein geliehenes Teil realistischerweise nur 2-3 mal tragen. Hmm…
Kann eine Kleider-Flatrate nachhaltig sein?
Myonbelle ist das Abo-Mietkonzept für Hardcore-Fashionvictims. Das Leih-Sortiment umfasst ein großes Angebot namhafter Marken. Die Boxen-Abos kosten 39 – 59 Euro und werden frei aus deinem Merkzettel bestückt. Du weißt also nie, was du als Nächstes bekommst.
Im Gegensatz zu den anderen Anbietern gibt es bei Myonbelle keine Mindestmietdauer. Im Sinne einer Flatrate kannst du die Mietkleidung so oft tauschen wie du möchtest.
Eine Alternative ist dieses Konzept eigentlich nur für Power-Shopper, die ständig neue Kleidung und Outfits tragen wollen. Ob diese Modesucht durch Myonbelle nachhaltiger wird, wage ich zu bezweifeln. Zum einen sind die ständigen Zu- und Rücksendungen zu bedenken.
Zum anderen besteht die Gefahr, dass dieses Konzept zum indirekten Verkaufsmodell mutiert. Hierbei werden nur noch neue, ggf. auch eigens produzierte Kleidung „verliehen“, um diese anschließend mit aggressiven Preisreduzierungen für den Kauf schmackhaft zu machen.
Der große Auftritt oder: Abendkleider leihen
Bei Dresscoded geht es nicht darum seine Alltagsgarderobe aufzupeppen. Hier bekommst du Ballkleider namhafter Designer, edle Jumpsuits und Trachten für besondere Anlässe. Mieten kannst du die Anlasskleidung für jeweils vier oder acht Tage. Die professionelle Reinigung ist inklusive.
Tatsächlich finde ich das anlassbezogene Mieten von Kleidung am sinnvollsten. Ob die große Robe für den Ball, der Schwangerschaftsmantel oder das Kostüm für das wichtige Vorstellungsgespräch – Kleidung, die du nur für einen kurzen Zeitraum brauchst, ist nachhaltiger gemietet als gekauft.
Mietservice von Marken
Das Leihen von Kleidung ist nicht nur auf unabhängigen Plattformen möglich. Auch Marken selbst greifen den Trend der Mietkleidung auf.
Bei Mud Jeans kannst du für 10 Euro im Monat deine Lieblings-Jeans leasen. Die Mindestmietdauer beträgt ein Jahr, danach kannst du sie behalten oder gegen ein anderes Modell austauschen. Die zurückgegebenen Jeans werden up- oder recycelt.
Wirklich interessant ist dieses Konzept eigentlich nur dann, wenn du deine Jeans nicht aufträgst, sondern lieber immer den neusten Trendschnitt im Schrank haben möchtest. Wer Jeans regelmäßig über Jahre hinweg aufträgt, handelt mit einem Jeans-Kauf wahrscheinlich nachhaltiger.
Mud Jeans selbst darf sich mit dem Leasing-Programm vor allem über ein grünes Image, Kundenbindung (v.a. in Form von jährlich wiederkehrenden Zahlungen) und zurückfließende Ressourcen freuen.
Eine weitere Marke, wo der Kleiderverleih zum Geschäftsmodell gehört, ist das neu und nachhaltig aufgestellte Label Skunkfunk. Jetzt unter dem Namen SKFK zu finden.
Ein netter Service, vor allem um die Marke kennenzulernen und sich ohne großes Risiko von der Trage- und Waschqualität zu überzeugen. Ich gehe aber davon aus, dass hier vor allem eigene Restbestände „verwertet“ werden.
Fazit: Revolution Kleiderverleih?
Kleidung mieten ist nachhaltig.
Naja, sie KANN es sein. Einige Punkte sind aber noch sehr undurchsichtig.
Die Mietbranche bietet viel Potenzial zum Greenwashing. Da heißt es Augen offenhalten. Außerdem dürfen wir uns selbst nicht in die Tasche lügen. Ein ausschweifender Mietkonsum ist nicht besonders nachhaltig – wir fühlen uns nur gut dabei. KEIN Konsum ist schließlich immer noch am umweltfreundlichsten.
Für mich persönlich ist der Kleiderverleih vor allem anlassbezogen eine gute Alternative. Für alles andere ist es mir auch einfach zu teuer. Für das gleiche Geld kann ich mir alle 2-3 Monate ein neues, nachhaltiges Teil kaufen. In puncto Alltagsgarderobe empfinde ich eine liebevoll zusammenstellte Caspule Wardrobe sinnvoller.
Hast du schon mal Kleidung gemietet? Was hältst du vom Kleiderverleih?
Silvia
Sehr interessanter Beitrag! Manche Punkte habe ich so noch gar nicht gesehen.
Das Jeans Leasing finde ich jedoch ebenfalls etwas fragwürdig. Mindestdauer ist 1 Jahr. Danach sieht die Jeans garantiert nicht mehr neu aus, sondern eher gebraucht. Die Frage ist doch tatsächlich was mit 1 oder 2 Jahre alten Jeans dort passiert? Was heisst up- oder recycelt? Wenn ich mir eine Jeans neu kaufe, sieht die meistens auch ziemlich bald nicht mehr so neu aus. Die Knie bleichen als erstes aus etc. Aber unterm Strich trage ich meine Jeans trotzdem in aller Regel mehrere Jahre. Teilweise habe ich 10 Jahre alte Jeans im Schrank, die ich noch zum Putzen oder Werkeln oder sonst wie trage. Das ist doch viel nachhaltiger. Alternativ ist es okay wenn Klamotten getauscht, verschenkt, gespendet werden und jemand diese noch verwenden kann. Hinter den kommerziellen sharing Konzepten aber steht doch letztlich jemand der daran nicht unerheblich verdienen will, im schlimmsten Fall auf Kosten anderer.
VG
Anni
Liebe Anni,
vielen Dank für deinen Kommentar und deine Gedanken zu dem Thema!
Das ist ein guter Punkt! Beim Thema “Kleidung mieten” sind auch immer die persönlichen Eigenheiten in Betracht zu ziehen > Also: welches Leihmodell macht MEINEN Modekonsum nachhaltiger. Wenn sich jemand jeden Sommer die neusten Trendkleider kauft und diese immer nur einen Sommer trägt, kann für denjenigen das Leihen von Alltagskleidern total sinnvoll sein.
Bei allem müssen wir uns aber klar sein – und das hast du sehr schön auf den Punkt gebracht – Die Anbieter von Leihmode machen das natürlich nicht aus lauter Herzensgüte. Sie möchten daran etwas verdienen. Wie weit sie dabei gehen (und auf wessen kosten) kann unterschiedlich sein. Im Ende wird aber auch mit zurückgegebener Ware noch “verdient”: z.B. Mud-Jeans erstellt – soweit ich das verstanden habe – aus einem Teil der zurückgegebenen Jeans eine neue Vintage-Kollektion. Durch deren Verkauf verdienen sie quasi doppelt. Und auch die Stoffe unverkäuflicher Jeans werden sicherlich noch gewinnbringend an irgendeine Weiterverarbeitung (z.B. Putzlappen oder was auch immer) verkauft.
Das ganze Thema ist zugegebenermaßen echt nicht leicht. Viele Informationen und Wirkungszusammenhänge sind nicht klar. Man sollte immer die Augen offen halten und kritisch hinterfragen.
LG Silvia
Vielen Dank für den Beitrag und ebenso für die wichtigen Kommentare hier. Ich persönlich sehe beim Verleih mehr Vorteile als Nachteile
Hallo Anne,
Ich finde auch, das Kleidung mieten ein Konzept mit Zukunft ist. Mit meinem Artikel wollte ich dafür sensibilieren, dass dieses Modell – genauso wie beispielsweise Naturkosmetik – der Gefahr von Greenwashing unterliegt. Kleidung mieten muss nicht automatisch super nachhaltig sein – ein bisschen Skepsis schadet sicher nicht. Ich bin gespannt, wohin die Reise für dieses Konzept noch führt.
LG Silvia
Ein spannender Beitrag! Im ersten Moment dachte ich sofort Kleidung mieten ist nachhaltiger, aber bei einigen Punkten hast du recht. Ich bin auch der Meinung, dass das mieten für einen festlichen Anlass sinnvoll sein kann, da man das Kleid nicht so häufig trägt :)
Liebe Grüße
Susi – https://whitelilystyle.de/
Hallo Susi,
ich denke, es ist einfach wichtig nicht alles Schwarz-Weiß zu sehen. Mode zu mieten ist nicht automatisch DIE Lösung für einen hemmungslosen Klamottenkonsum. Irgendwo muss die Kleidung ja herkommen, und irgendwo muss sie letztendlich dann auch wieder hin. Auch bei diesem Konzept gilt es, seinen Konsum kritisch zu hinterfragen.
LG Silvia